Anders verhält es sich bei exotischen Fahrzeugen, die durch geringe Stückzahlen und eine eingeschworene Fan-Gemeinde kaum auf dem freien Markt gehandelt werden. Hier finden Verkäufe oft zwischen Liebhabern „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ statt.
Die entsprechenden Preistabellen (falls vorhanden) werden hier oft über Jahre nicht aktualisiert, da den Bewertungsorganisationen keine neueren Daten vorliegen.
Daher kann es oft zu „Sprüngen“ in der Tabelle kommen, wenn ein Fahrzeug nach einigen Jahren in den offenen Verkauf kommt, und der Wert zwischenzeitlich gestiegen ist.
Auch einschlägige Hinweise von Clubs und Kennern sind hier für die Wertermittlung von großer Bedeutung.
„Weiche Faktoren“ in der Preisbildung
Die Zustandsbewertung und damit die preisliche Einordnung durch Bewertungsorganisationen findet über „Schulnoten“ von 1-5 und dazwischen liegende Abstufungen statt. Doch wie bei Schulnoten gibt es auch hier oft ein gewisses Diskussionspotenzial, denn ein gegebener Zustand kann oftmals auf verschiedene Art und Weise bewertet werden.
Hier stellt sich die Frage, ob ein möglicher Interessent ein Fahrzeug wünscht, dass im Neuwagenzustand (oder sogar besser) dasteht, oder ob der Oldtimer auch einige Spuren der Jahre tragen darf.
Während gute Noten lange Zeit nur an komplett restaurierte, oder fast „unberührte“ originale Fahrzeuge vergeben wurde, ist seit einigen Jahren der Trend zu beobachten, dass auch eine gewisse Patina am Oldtimer durchaus positiv bewertet wird.
Dieser Trend wird in großen Teilen der Szene positiv aufgenommen. Es gilt jedoch von Fall zu Fall zu unterscheiden, wo die Grenze zwischen Patina und Abnutzung zu ziehen ist. Besonderes Aufsehen sorgte hier vor einigen Jahren ein Porsche 356, der seit den 70er Jahren in originalem, aber gebrauchten Zustand in einer Scheune parkte, und der zu einer Auktion aus seinem „Dornröschenschlaf“ geweckt wurde. Dieser erzielte am Ende einen höheren Verkaufspreis als ein komplett restauriertes Fahrzeug dieser Baureihe.
Variantenvielfalt hat ihren Preis
Wie überall sind auch bei Oldtimern Geschmäcker verschieden und Trends einer ständigen Veränderung unterworfen. So ist nicht nur der Zustand der Lackierung ist ein interpretierbarer Faktor, sondern auch die Farbe selbst. Häufig ist zu beobachten, dass einstige Trendfarben nach wenigen Jahren als peinlich gelten und einige Jahre später wieder besonders gesucht werden.
Bei vielen Herstellern bestand außerdem die Möglichkeit, Lack- und Innenraumfarben bei der Neuwagenbestellung beliebig zu kombinieren, was zu Farbkombinationen führte, die nach heutigen Maßstäben recht bizarr wirken.
Geschmackssicherheit wird vom Gutachter nicht bewertet, vom Markt jedoch schon. Hier ist der Geschmack des möglichen Interessenten der preisbildende Faktor.
Ein dattelfarbener Innenraum im nelkengrünen Mercedes 190 kann auf manche Käufer abschreckend wirken.
Wer jedoch auf der Rückbank eines solchen Fahrzeugs aufwuchs, ist mitunter sogar bereit, einen höheren Preis für genau diese Farbkombination zu zahlen.
Auch auf Seiten von Motor und Getriebe kann die Preisgestaltung teilweise deutlich differieren: in vielen Fällen ist die höchste originale Motorisierung die Gefragteste und dem entsprechend auch mit dem höheren Preis verbunden. Doch bei Klassikern, die (teilweise) im Alltag bewegt werden sollen, ist der größte Motor nicht immer der beliebteste.
Als Beispiel kann hier der wunderbare Mercedes SL aus den 90er Jahren (Baureihe R129) gelten: hier bildet ein Zwölfzylinder die Top-Motorisierung. Dessen Wartungskosten bewegen sich jedoch ebenfalls auf hohem Niveau, weshalb die wartungsfreundlicheren Achtzylinder in dieser Modellreihe höhere Preise erzielen.
Bei der preislichen Einordnung der Getriebe-Art ist vor allem die Gattung des Fahrzeugs ausschlaggebend: Ein 7er BMW mit Schaltgetriebe wird im Vergleich zu einem gleichartigen Automatik-Modell einen eher geringeren Preis erzielen, während das Automatikgetriebe in einem Opel Manta B viele Interessenten abschrecken könnte. Es sei denn, ein möglicher Käufer sucht explizit ein Fahrzeug mit einem solchen Getriebe.
Ein gemeinsamer Nenner ist hier jedoch die Originalität: Fahrzeuge, die nachträglich auf größere Motoren oder andere Getriebe umgebaut wurden, werden - auch bei fachgerechter Ausführung des Umbaus – fast immer einen geringeren Preis als Fahrzeuge in Originalspezifikation erzielen.
Ist nur original auch optimal?
Vereinfacht gesagt gilt Originalität auch außerhalb von Motor-Umbauten als das Optimum, denn bei umgebauten Fahrzeugen kann es mitunter lange dauern, bis sich ein passender Liebhaber für das Fahrzeug findet.
Doch auch hier gibt es neben der groben Faustregel auch einige Nuancen: Ein Ford Capri, der als junger Gebrauchtwagen mit Zusatzscheinwerfern und Rallye-Streifen verziert wurde, weckt heute mitunter größere Aufmerksamkeit als ein vollkommen serienmäßiges Exemplar, weil das dezent modifizierte Fahrzeug eine eigene Geschichte erzählt.
Gleiches gilt für den VW Golf I mit ATS-Alurädern und den Opel Kadett B mit Sportspiegeln. Auch Zubehör-Radios, die in die Epoche des Fahrzeugs passen, können sich heute sogar preissteigernd auswirken.
Schlussendlich wird der Preis jedoch auch maßgeblich durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Sollte also ein angebotenes Fahrzeug auf einen ganz bestimmten Interessenten treffen, kann die Nachfrage auf dessen Seite schnell groß werden – was sich auch in einem entsprechenden Preis ausdrückt.